Sonntag, 1. April 2012

Palmsonntag

Das Familienmitglied, das am Palmsonntag, also am Sonntag vor Ostern als letztes aufsteht ist der Palmesel. So jedenfalls, wenn man meinem Vater glaubt. Welche Konsequenzen es hat Palmesel zu sein weiß ich bis heute nicht. Tatsächlich bin ich heute auch nicht Palmesel geworden, war ich doch kurz nach sieben am Sonntag Morgen wach. Solange die beiden Damen noch schlafen bin ich weg.

Das Auto in Hegnach unten bei der Vogelmühle an der Rems abgestellt. Frisch ist es hier, wo die Sonne noch nicht scheint. Minus Ein Grad. Über die Brücke, über die Rems, an der ehemaligen Mühle vorbei dann gleich links, den Feldweg entlang. Die Vögel kennen keinen Palmsonntag, scheinen alle auch wach zu sein, von überall her zwitschert und pfeift es. Mir ist noch kalt, die Hände stecken in der Tasche. Der Jogger, der vorhin in den Weg eingebogen ist ist schon ein Weilchen außer Sicht.

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Bemooste, verfallende, manchmal auch eingefallene Mauern. Trockenmauern, weil nur Stein auf Stein gesetzt ohne Bindemittel ohne Mörtel ohne Beton. Viele davon, wenn man durchs Gestrüpp den Hang hoch schaut. Auch hier war eine bedeutende Weinbauregion, jedenfalls im 17. oder 18. Jahrhundert. Heute scheint es bessere, ertragreichere Lagen zu geben. Ich weiß nicht wie lange die ehemaligen Weinbergmauern schon verfallen.

2012-04-01 005Das Zwitschern dröhnt schon fast. Das eine oder andere Gärtle, Stückle ist eingezäunt, abgetrennt. Ich hab noch viel zu wenig Strecke gemacht, muss weiter. Die Sonne steigt höher. Kommt über die Bäume am Hang entlang. Gleich wird alles viel freundlicher. Freundlicher und wärmer. Plastikfetzen in den unteren Ästen der Büsche und Bäumen entlang der Rems zeugen von früheren hohen Wasserständen. Heute ist wenig Wasser. Fast unbewegt steht die Rems still. Zu früh am Sonntag Morgen zu weit weg von der nächsten Siedlung ich bin alleine.

2012-04-01 011Der Weg entfernt sich leicht von der Rems, steigt an, führt mich aus dem Wäldchen. Halblinks unten wieder ein Goldregen Forsythien Busch. Eine meiner Lieblings Pflanzen. Der Goldregen bricht Die Forsythien brechen im Frühjahr förmlich aus. Gestern waren da nur ganz, ganz vereinzelte gelbe Stellen und heute eine durchgängige gelbe Blütenbracht. Jetzt ist es Frühling.

Achso, Giftpflanze des Jahres 2012 ist er auch, der Goldregen.

 

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So wichtig wird es nicht mehr sein was wohl früher mal auf dem Schild stand. Daneben ist jedenfalls kein neues Schild und dieses kann man beim besten Willen nicht mehr lesen, der Baum hat es schon fast vollständig assimiliert. Das ich mich im Naturschutz Gebiet Unteres Remstal befinde daran haben die anderen Schilder, die überall angebracht sind, schon mehrmals hingewiesen.

2012-04-01 017Das Pflanzen abreißen, Wege verlassen und Wildtiere stören zu unterlassen sei denke ich weiß doch eh jeder und die denen es sowieso egal ist stören sich auch an den Schildern nicht. Stören sich dann wenigstens daran, dass eine Zufahrt zum Tümpel am Steinbruch durch die Felsbrocken auf dem Weg unmöglich gemacht ist. Vielleicht hilft’s.

2012-04-01 016Engagierte Vogelschützer warnen nochmals davor sich dem Steinbruch zu nähern, Vögel brüten zur Zeit dort. Man soll sie nicht stören. Verständlich. Verständlich zumindest für mich. Freilaufende Hunde mit ihren freilaufenden Herrchen können eventuell nicht lesen, dann hilft das Schild leider auch nicht weiter.

 

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Ich bleibe auf dem Weg, muss sogar das Schild heran zoomen. Noch ein paar Meter weiter, dann ist der Weg wieder asphaltiert. Ortseingang Remseck. Drei vier Häuser weiter geht’s dann gleich über die Rems, am oberen Steg. Der wird in der Zwischenzeit von der Sonne beschienen. An Steg Anfang kann man für die Hinterlassenschaft seines vierbeinigen Freundes “Piccobello” Tüten ziehen, kann sie auch gleich darunter im Mülleimer entsorgen. Irgend ein Vollpfosten hat diesen Mülleimer um einen halben Meter verfehlt, da liegt das Tütchen dann. Was soll’s ?

 

 

2012-04-01 023Die Häuser spiegeln sich in der stillen Rems, die Bewohner schlafen noch, es ist früh, an diesem Palmsonntag Morgen. Sie hatte mich wohl schon entdeckt, als ich wieder nach vorne Blicke sehe ich ca. 50 Meter entfernt eine Frau mit Hund. Die Rasse kann ich auch aus der Nähe nicht bestimmen, interessiert mich nicht. Sie versucht ihn zu erziehen, bei Fuß ! Sitz ! Platz ! Er macht’s, wenn auch erst nach der zweiten Aufforderung. Als ich die Beiden passiere ein Kopfnicken als Danke. Ich mag es wenn die Tiere erzogen sind, mich in Ruhe lassen, nicht anhecheln oder anspringen. Danke. Für den Hund gibt’s von Frauchen zur Belohnung ein Leckerli

2012-04-01 028Auf der Sonnenseite laufe ich jetzt. Gleich vorne am Weg die übergroße Schranke soll vermutlich vor allem die Radfahrer abhalten, die bequem und eben bis nach Waiblingen radeln könnten. Könnten wenn die Schranke nicht wäre. Man will dass sie den Berg hoch nach Hegnach strampeln. Gesehen hab ich keinen. Ein mini Bächle kreuzt den Weg, begleitet ihn dann ein Stück idyllisch das Ganze. Frühjahrsgrün die Pflanzen, in der Sonne. Mir geht es gut.

2012-04-01 032Filigran erscheinen die Zweige im Gegenlicht, rechts noch Frost aus der vergangenen Nacht. Der Ast bemoost, der Weg noch ein wenig mit Laub bedeckt. Die beiden Jogger hinter mir scheinen sich nicht heran zu trauen. Gerade haben sie den Abstand wieder bis auf 20 Meter verkürzt, müssen dann stehen bleiben und schnaufen. Wenn ich so stetig weiter gehe holen die mich nie ein. Für Radfahrer verboten dann aber diese Traktorspuren auf dem Weg – nicht wundern, ist halt so. Kohlmeisen fliegen auf wenn ich mich nähere, Amseln und Spatzen versuchen unbemerkt zu bleiben indem sie nicht mehr zwitschern, sich ruhig verhalten. Bleibe ich stehen fliegen sie weg.

 

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“Guten Morgen”, man grüßt sich und jeden, frühmorgens. Das “Guten Morgen” von hinten, der Jogger überholt mich jetzt doch. Bleibt dann wenige Meter vor mir stehen, drückt einen Knopf an seiner Pulsuhr an seinem Fitnesscomputer. Stretcht die Beine sofort. Natürlich hab ich ihn da schon wieder eingeholt. Ich hasse die Typen, hasse das geckenhafte Aussehen, das betont angestrengte, das Aufmerksamkeit erhaschende Stretchen. Und wenn ich der einzige auf weiter Flur bin muss ich als Publikum dienen. Als ich mich zu ihm umdrehe hat seine Frau aufgeschlossen. Sie laufen wieder weiter, die Frau scheint keine Pause zu brauchen. Ein Arsch.

2012-04-01 038Rückwege scheinen mir immer kürzer als die Hinwege. Ja die Spannung was auf einen zukommt ist einfach stärker als wenn man sich dem Bekannten hinwendet. Die Zivilisation hat mich gleich wieder, das Trafohäusle zeigt auch wieder die Nähe zum Ort an. Noch an der Kläranlage vorbei dann schließt sich der Kreis. Ich bin wieder bei der Talmühle.

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