um 5:42 Uhr fährt der Regionalexpress 19401 von Waiblingen nach Mögglingen. Klar könnt ihr jetzt meinen Geisteszustand anzweifeln, im Urlaub um 5:42 Uhr im Zug zu sitzen, Himmel wann muss man den dafür aufstehen ? - genau, ich bin es gewöhnt. Ankunft in Mögglingen übrigens 6:37 Uhr - falls ihr es wissen wolltet.
Ein paar hundert Meter vom Bahnhof zu der Stelle, an der ich gestern den Höhenweg verlassen habe. Das Kaff schläft noch, Reiff ist auf den Autoscheiben. Drüben war gestern noch der Balkonraucher zu sehen, vermutlich pennt das Rentnerlein noch.
Kurz vor 7:00 Uhr kratzt ein Mann seinen Audi A6 Kombi frei. Ein Einfamilienhaus und keine Garage ? Oder steht da die Karre der Frau ? Wenn er schon fast 50.000 € für die Mühle ausgibt und Laternenparker ist, wieso hat er keine Standheizung ? Sein Problem.
Schon immer mag ich es, wenn die Stadt (hier das Kaff) aufwacht. Ich in Action, die anderen verpennt. Es gibt nix Schöneres.
Raus aus dem Kaff, die Pflanzen sind mit Reiff überzogen, eine Eishaut liegt auf den Pfützen. Im Osten geht die Sonne auf kein Sponti Spruch sondern seit Anbeginn der Erde Tatsache, bald ist es auch wieder hier soweit, es dämmert schon.
Eminem jammert mir die Ohren voll, nochmal Glückwunsch an mich, die Ohrhörer gekauft zu haben, kein frühes Vögel Gezwitscher, kein Windgeräusch, kein knacken aus dem nahen Wald aber auch kein Motor, kein Ostalbheld, der mir aus der Ferne mitteilt, dass er einen Sportauspuff an seinem 16V hat.
‘Stan’ - von Herrn Marshall Bruce Mathers III, oder halt Eminem - das Intro und der Refrain, ‘Thank You’ von Dido. Immer wieder fasziniert von der Geschichte, des Fans, der sein Idol verfolgt, von diesem nicht wahrgenommen wird und danach mit seiner von ihm schwangeren Freundin einen erweiterten Selbstmord begeht. Diese Geschichte in Briefen in einem Rap zu erzählen genial. Das Idol erzählt, dass es von der Geschichte in der Zeitung liest und “Damm i think his name was - you”.
Eine knappe Stunde weiter ein Traktor am Horizont. Er braucht die ganze Breite des Wegs. Gleich wird sich unser Weg kreuzen. Der Landwirt hält an “Guten Morgen !”, “das sieht man auch nicht oft, dass jemand um die frühe Zeit hier ist um die schöne Landschaft zu genießen” (ich habe mal versucht, den Dialekt in Schriftform zu bekommen).
“Nein, ich bin nicht aus Mögglingen, ich bin aus Stuttgart, in Mögglingen bin ich aus dem Zug gestiegen” - “Es ist einfach schön hier” - “Ja, schon aber Sie haben das das ganze Jahr” - “Ja, es ist auch immer schön”.
Recht haben wir beide. Schön ist auch irgendwie das falsche Wort. Egal, er muß weiter, ich auch. Ich latsche nach rechts, er fährt nach links ein paar tausend Liter Gülle aufs Feld.
Vorne scheint der Gollenhof zu sein, Durchfahrt und Durchgang verboten Privatweg laut Schild, der Remstal Höhenweg ist hier schon lange nicht mehr ausgezeichnet, mein Navi sagt mir aber, dass ich da rüber muss. Mach ich auch.
Mich begeistern die Sonnenblumen. Schiere Biomasse. Und jetzt wo die Sonne über dem Wald hoch kommt recken sie sich dieser entgegen wie Mallorca Touristen auf der Liege, immer das Gesicht schön in die Sonne.
Was macht der Landwirt daraus ? Kein Plan. Jedenfalls stehen hier noch ein paar Felder davon. Mir gefällt es.
Limesweg gesperrt Lebensgefahr - der Remstal Höhenweg ist hier Teil des Limeswanderwegs. Der Limes, der Grenzwall der Römer hier allgegenwärtig. Interessant, dass die Römer scheinbar keine Kurven bauen konnten. Gerade Wege verbanden die einzelnen Punkte und Hindernisse wurden wie auf einer Ameisenstrasse einfach überklettert. Dem Limesweg ist es egal, eher betrunken und torkelig folgt er den Spuren.
Achso, die Lebensgefahr. Die letzten paar Tage war es durchaus stürmisch, es gab Waldbruch. Jetzt ist es windstill und ich Held lass mich doch von ein Bisschen Lebensgefahr nicht abhalten. Und tatsächlich liegen umgestürzte Bäume auf dem Weg, die eine oder andere Motorsäge war dann aber auch schon bei der Arbeit. Jetzt halt nicht.
Interessant, hier auch auf dem Limesweg, ein paar Kleinigkeiten noch zu erfahren, ob über die Anlage des Limes oder aber auch über die Hügelgräber die dort schon viel länger existieren. Netter Streifzug.
Und dann kommt wieder Ostalb in Reinkultur, ein Daimler, ein T-Modell Baujahr irgend etwas in den 80er abgestellt und fast schon zugewuchert, drinnen noch der Müll des vergangenen Jahrhunderts. Die Kreissäge daneben scheint nur Rostfester aber genauso verlassen und aufgegeben.
Gleich nachdem ich alles fotografiert habe gehe ich ein paar Schritte weiter. 10 Meter weiter, das gleiche in rot. Interessanterweise gefüllt mit einem bestimmt antiken Bauernschrank. Späteren Erben würde ich vorschlagen, das Erbe auszuschlagen - Messitum at it’s best
...um dann wiederum ein paar hundert Meter weiter neben dem Kruzifix Platz zu nehmen, dem Landwirt beim Mist führen zuzuschauen, im Hintergrund die drei Kaiserberge zu betrachten. Ich muss sowieso jetzt mal eine Pause machen.
Vier Scheiben grober Fleischkäs, geschnitten eß ich pur - in der Not frisst der Teufel die Wurst auch ohne Brot -
und nicht wundern, kurz vor Lindach ist mein GPS Handy abgekackt und hat die Strecke nicht mehr mitgeloggt. Ey isch schwör, die Tagesetappe waren 25,6 selbst gelatschte Kilometer aber aufgezeichnet hat es nur 15,9 (bis Lindach halt) deshalb: grün - selbst geloggt, rot Remstalhöhenweg-Track vom SAV
Remstal Höhenweg Mögglingen Schwäbisch Gmünd auf einer größeren Karte anzeigen
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