Sonntag, 21. Oktober 2012

anders

2012-10-21 151Mal anders. Nicht mehr die alte abgefuckte Bahnhofsgaststätte, Bahnhofskneipe eher, die sich mehr durch die Vielzahl der Spirituosen als durch die Vielzahl der Speisen ausgezeichnet hatte, nein, dunkele Möbel, eine Lounge mit Systemgastronomie im Bahnhof in Immenstadt. Eine lange Bedientheke, die Speisen und Menüs beleuchtet darüber gehängt. Wenig los Sonntag später Nachmittag kurz vor halb sechs.

Drei People am Tischchen beim Eingang. Hinterm Tresen hantiert einer am Drehspiess, sägt den Döner zurecht. Kurz male ich mir aus wie das hier Anfang der 80er wohl ausgesehen haben mag, die Wände gepflastert mit Spielautomaten, der Jägermeister Patronengürtel über der Theke, die umgedrehten 3 Liter Baccardi und Aspach Flaschen, eine leistungsfähige Zapfanlage, ein Zigarettenautomat, Nebelschwaden und Bierfilze, Aschenbecher auf jedem Tisch  - nur ein kurzer Backflash.

Ich schau mir noch kurz das Angebot an. Inklusion mal anders, es ist alles populäre mit eingeschlossen, Döner / Pide / Gyros / Pizza / Schnitzel / Fischstäbchen / Burger, Hotdog und Last but not Least dann glücklicherweise auch Currywurst.

Currywurst, von der Roten mit Pommes und 0,3 Liter Softgetränk 5,90 €. Ich sag meinen Essenswunsch dem Dönermasseur. Ein paar Sekunden wartet er, bis er nach der Hildegard ruft und meine Bestellung weiter gibt. Klaro, Moslem und Schweinefleisch, vielleicht nicht so kompatibel. Hildegard oder wie auch immer die Dame heißt verschwindet nach hinten in die Küche, während ich am Tresen warte. Nehm mir ein Vitaminsaft warte weiter. Der Dönerfriseur kommt, sagt ich hab ein Menü, kann mir ein Getr… ach haben Sie ja schon   … richtig…   5,90 € nehmen Sie sich Besteck und schon mal Platz.   Danke

Ich hab noch nicht richtig Platz genommen, bringt mir Hildegard den Inbegriff traditioneller deutscher Imbisserzeugnisse an den Tisch. Der Rechteckige Teller, ja sozusagen das Panel links Wurststücke unter einer roten Sauce bestreut mit gelbem Pulver, rechts lange dünne Pommes that’s it. Ich bin ja Rechtsträger, bevorzuge die Wurst auch rechts, ein kleines Detail, dass Hildegard nicht kennen kann, ich dreh den Teller trotzdem nicht.

Erfreut lass ich das Messer liegen, ein Holzspießchen hätte hier wirklich genügt, die Wurst wirklich vorbildlich in kompakte Stücke geschnitten Respekt, zumal es sich ja um eine Porzellancurry handelt. Die Soße. Erstaunlich. Bei solch einer Konsistenz schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Aber Erstaunen pur. Die Soße hat einen fruchtigen Geschmack ohne auch nur ansatzweise ins Süße zu driften. Hat Wärme ohne zu heiß zu sein, hat Würze und eine Schärfe, die noch Raum für differenziertes Schmecken lässt. Die Pommes, denen pur genossen ein wenig Salz fehlt profitieren von der Soße, ja verlangen geradezu danach. Cross und heiß, keine Spur von ranzigem alten Fett. So muss sich eine Kartoffel ihre Reinkarnation vorstellen: Wiedergeboren als so ein Pommes. Soweit alles in Ordnung aber:

Im Laufe ihrer Entstehung hat die Erde eine Vielzahl an Elemente, Molekülen und Stoffen hervorgebracht. Dieses Konglomerat gesintert und als “Wurst” bezeichneten hat nichts gemein mit dem was wir aufgeklärten Mitteleuropäer mit diesem Begriff verbinden. Geschmacklos, geschmacklos und nochmal geschlacklos, zu fest in der Zusammensetzung dann aber auch noch nicht richtig warm. Am ehesten erinnert diese “Wurst” an das unter dem Namen “Curryking” vertriebene Plagiat eines Genussmittels.

Fazit:

  • Look: 9,5
  • Taste: 6,8

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Dafür, dass sich dann einer der drei anderen Gäste noch als großer Schluckowski unter dem Herrn erwiesen hat, in dem er während ich ein Currymenü esse er zwei Halbe weg macht, und an seinem Leben und den Gründen wieso er nicht mehr in die Harttrinkerkneipe gegenüber geht alle teilhaben lässt, dafür kann dieses Schnellrestaurant nichts. Gestört hat mich das allemal

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