Donnerstag, 23. Juni 2011

Fronleichnam

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Als Baden-Württemberger darf man sich nicht beschweren, Feiertage haben wir ganz schön viele. Es sind nicht Gedenktage an große Württembergerinnen und Württemberger, nein, die Tatsache dass man sich nicht eindeutig zu evangelisch oder katholisch bekennt beschert einem jeweils den passenden Feiertag.

Fronleichnam, ein “katholischer” Feiertag, fällt immer auf einen Donnerstag, im Norden der Republik nicht, bei unseren Schweizer Nachbarn auch regional unterschiedlich, den Österreichern Feiertag und im Westen in Frankreich kein gesetzlicher Feiertag.

Aus der Früh- oder Tagschicht heraus führen solche Feiertage bei mir auch dazu, dass ich nicht ausschlafen kann, dass die innere Uhr gleich Morgens den faul(ig)en Körper in die Vertikale bewegt. Heißt, ich bin Morgens hellwach.

Sonnig ist es,  die hochsteigende Sonne steht über dem Korber Kopf, ich zieh los, 7.00 Uhr, vielleicht gibt es ein paar Fotos. Nebel im Remstal, ich möcht noch immer ein “Nebel” Foto machen. Waiblingen, Beinstein, Endersbach hier sehe ich den vorhin beobachteten Nebel nicht, die Orte sind fast ausgestorben,  ein einziger Jogger - ob es nur den halben Spaß macht, wenn es keiner sieht, wie sportlich man ist ? Reichlich Hunde werden aber schon zum kacken geführt, diese Pflicht, diese Verpflichtung neide ich den Haltern nicht. DRadio textet mich zu, Griechenland Hilfe, Steuersenkung die FDP, und brauchen wir … ? Ich kann mich heute nicht drauf konzentrieren, werde unruhig, wo ist der Nebel. Hinten im Remstal, auf die Bundesstrasse vorne wird es was.

Schorndorf, an der Rems ziehen Schwaden hoch, die Watte liegt Richtung Schurwald. Fahre in den Ort, komme nicht mit dem Auto zur Schornbachtalbrücke, lande dafür auf den Wiesen des nahen Wohngebiets. Das Auto bleibt stehen. Gleich der erste Schritt macht mich dankbar, die Goretex-Schuhe angezogen zu haben. Klatsch- und Taunass sind die Gräser auf dem Feldweg, die Luft gewaschen und angenehm warm, der iPod bleibt stumm.

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Das schicke Haus, die Bewohner schlafen sicher noch. Zwei Vögel kommunizieren über das Feld hinweg. Sie kennen keinen Fronleichnam, es genügt, dass die Sonne scheint, worum es bei dem Gezwitschere geht, doch auch egal. Links im Dunst die B 29, ein Zweizylinder, wer fährt da gerade Moped ? Ein paar wenige Autos, ich überhör es fast. Silber die Tautropfen an den Halmen und Gräsern Silber auch das Gespinst bei den Grasbüscheln.

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Will aber weiter, in die Industriestadt an der Rems, in die Geburtsstadt des wohl weltweit prägendsten Deutschen, des Erfinders des schnellaufenden Verbrennungsmotors und des ersten vierrädrigen  Kraftfahrzeugs, manche sagen auch Auto dazu

Die Hahnsche Mühle, das Gelände der ehemaligen Breuninger Lederfabrik. Ich kann mich kaum beherrschen, will über den Zaun, in der verlassenen Fabrik Bilder machen. Heute hab ich aber mehr Schiß als sonst. Begnüge mich mit der Knippserei außen herum. Der daneben liegende Biergarten, um diese Zeit ausgestorben, ein älteres Paar ist schon unterwegs, fährt mit dem Auto fort.

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Am Bahnhof das übliche Bild, ein halb verlassenes Stellwerk Gebäude, die EDV und Fernwartung haben doch auch ein paar Arbeitsplätze eingespart. Ist es mein selektiver Blick, ist es einfach die Uniform einer bestimmten Trinker Gruppe ? Grau schwarze Haare, einen Trainingsanzug der Typ schleicht um die Kneipe, kann sich bestimmt nicht mehr erinnern, ob er da noch einen Deckel oder Hausverbot hat. Schlurft zur nächsten Kneipe. Hey Mann, es ist Feiertag Morgen, 7.45 Uhr wir sind in Schorndorf, jetzt gibt’s nichts mehr. Die Sucht lässt es nicht mehr an ihn ran. Ich durch die Unterführung zum Bahnhofsgebäude, dem Bahnsteig.

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Gelbe Telefonhäuschen, Telefonzellen. Schon im Achtziger chic, die abgerundete Form, Kunststoff statt Blech. Ein Tastentelefon, der Hörer in ??? Richtig ! Magenta Rot nannten sie die Farbe damals.  Ich erinnere eine Zeit, da waren in diesem Häuschen auch noch sogenannte Telefonbücher. Ordentlich nach Stadt und Nebenregion getrennt. Jetzt, da der Trend zum zweit oder dritt Handy geht bin ich schon angenehm überrascht, das das Ding funktionieren zu scheint.

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2011-06-23 099Sowieso scheint diese Stadt friedfertig zu sein ? Der Snackautomat ist nicht 8x Panzerstahl verstärkt.Gibt es hier keine Vandalismus ? Nicht das das fehlen würde ich meine nur.

Eher lautstarke Geräusche kommen vom Platz vor dem Bahnhof. Die paar Passanten, versuchen es zu ignorieren, hoffen schnell in ihren Zug zu kommen, huschen eilig zum Bahnsteig, suchen den Kontakt zu anderen. Als ich ums Gebäude herum gehe sehe ich sie. Eigentlich ein Klassiker.

Sechs junge Männer vielleicht auch nur Jugendliche, wollen es wieder nicht wahrhaben, dass die Nacht jetzt zu Ende ist. Die Nacht hat ihnen außer ihren Enttäuschungen, doch Niemanden gefunden zu haben; eine nette junge Frau ein hübsches Mädchen vielleicht, hat ihnen außer dieser Enttäuschung auch noch eine Flasche Wodka gelassen. Die Jungs unterhalten sich, eine Modulation der Lautstärke findet nicht mehr statt. Es gibt nur still oder laut, dazwischen ist nichts. Ein Rülpsen macht den Held zum Helden in diesem Zustand. Die Anderen finden es lustig.

Ein Rentner Paar wechselt die Straßenseite, versucht die Szenerie weiträumig zu umgehen, die Sechs sehen es mit Genugtuung. Es stärkt das Selbstbewusstsein, die Spiesser erschrecken zu können, lenkt vom eigenen erbärmlichen Zustand ab.

Und wenn die Lisa nicht mit ihrem Macker aufgetaucht wäre oder wenn die Freundin der Dunkelhaarigen mit dem geilen T-Shirt nicht nur Augen für den DJ, wenn deren Freundin mit den langen Stiefeln nicht schon gehen…  Ich will mir gar nicht vorstellen, was das für eine tolle Nacht für die Jungs hätte werden können.
Ich beobachte weiter, während der Eine noch versucht rekordverdächtige Blutalkoholwerte zu erlangen, indem er konsequent weiter trinkt, machen sich 2 Andere langsam Gedanken ob Donnerstags ein Bus nach Manneshaupten fährt.

Ich entferne mich, gehe zur Innenstadt. “Ja früher”, wie wir Alten sagen, als Alles noch besser war, da galt die Gegend um den Bahnhof noch was. Heute an jedem zweiten Geschäft “geschlossen” oder “zu verkaufen / zu vermieten”. Hier macht sogar der 1 €uro Laden Räumungsverkauf. 2011-06-23 1032011-06-23 1042011-06-23 106Pittoresk, (wie gemalt, schön, hübsch), pittoresk, der Marktplatz, die Fachwerkstadt im Remstal. Hinten wird ein Marktstand aufgebaut, ich weiß nicht, was da veranstaltet wird. Die Sonnenschirme noch zusammengerollt, die Bistrostühle noch abgeschlossen. Nett das Rathaus, nett auch das Mosaik vor dem anderen Haus. Davor das Denkmal für den berühmtesten Sohn der Stadt.

Ist es schwäbisches Understatement, Tiefstapelei dem Erfinder des Automobils nur so einen kleinen schlichten Gedenkstein zu setzten ? Hat doch seine Erfindung die heutige Welt revolutioniert ?

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