Über Kanal 5 im Bord-TV, über die Poolkamera, kann ich um 6:30 Uhr ein immer wiederkehrendes Spektakel beobachten: die Alman-Reservierungsschlacht.
Mit Handtüchern bewaffnet wird das persönliche Revier gegen die schier übermächtige Konkurrenz abgesteckt. Nach einem teilweisen Passagierwechsel ist das Rennen um die besten Plätze neu eröffnet.
Was macht einen guten Platz aus? Am Pool oder an der Reling? Backbord oder Steuerbord? Nähe zur Bar, vielleicht sogar noch besser: Nähe zu Bar und Raucherbereich? Ganz hoch im Kurs: die lauschige Couchatmosphäre ein Deck über dem Pool. Die Frage nach Sonnen- oder Schattenplatz stellt sich dabei übrigens nie. Zuhause gibt es schließlich genug Schatten, oder man weiß als heller Typ, dass man auf dieser Melanomplantage sowieso nichts verloren hat.
Doch nicht jeder Platz bekommt ein Gesicht – oder gar einen Besitzer. Manche Plätze bleiben den ganzen Tag unberührt. Es scheint, als sei die Reservierung selbst das eigentliche Vergnügen. Stolz genießt man aus der Ferne – bei einem Drink und einer Zigarette – den Triumph, während die Couch leer bleibt.
Am Ende bleibt nur die Frage: Wer hat mehr gewonnen? Der mit dem besten Platz oder der, der sich nie blicken lässt und trotzdem alles überblickt?