Der Krieg,
die Flucht von Königsberg bis ins schwäbische Bergfelden.
Zum Glück die Gustloff verpasst,
sonst wäre die Geschichte schon zu Ende.
Eine überforderte Mutter mit fünf kleinen Kindern
auf der Flucht.
Der Vater im Krieg vermisst, die Nestwärme auch.
Fritz hätte er geheißen.
Sagt die Mutter. Später.
Gekannt haben sie ihn nicht.
Flüchtlinge.
Schon 1946 nicht willkommen.
Sie und ihre Geschwister lästern nicht über Geflüchtete.
Bis heute nicht.
Und während ihre Geschwister – so bald es ging –
der Mutter entflohen,
nach Stuttgart, Ulm, Pforzheim, Emden
und dem Alkohol –
ihr jüngster Bruder:
kam zwei Jahre nach dem Krieg zur Welt
und fuhr sich mit 19 im Suff tot.
Ihr Vater war da noch immer eine Suchanfrage beim
Roten Kreuz.
Ist er bis heute geblieben.
Alle Geschwister machten eine Ausbildung
und waren erfolgreich in Beruf und Ehe.
Nur sie blieb.
Hat sich bei all dem Hass und der Missgunst,
die sie dort erhielt, trotzdem um die Mutter gekümmert.
War allein geblieben,
dafür unsere Lieblingstante.
Jahre später:
Die Gesundheit sei nicht mehr so –
die Niere, die Neurodermitis,
und wegen der Makula sieht sie doch fast nichts mehr.
Die Operation wegen Brustkrebs war erst vor ein
paar Wochen.
Jetzt folgen Bestrahlung und Chemotherapie.
Psychologische Betreuung gäbe es jetzt – wegen
des Krebses.
Das brauche sie nicht, sagt sie.
Sie sei 86.
Wenn es dann rum sei, sei es auch recht.
„Psychologe? Einen Psychologen hätt ich gleich
nach dem Krieg gebraucht“, sagt sie.
Und wieder gemerkt, wie tief das sitzt.
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