Die Tochter whatsappt: „Flieger geht 12:10 Uhr.“
Ich kann mir – wie so oft – einen Opa-Witz, einen Kalauer, nicht verkneifen:
Der Flieger fliegt. Er geht nicht.
Ihr gesendeter Augenverdreh-Smiley war vorhersehbar.
„Der Flieger geht um
elf.“
Obwohl er fliegt.
„Ich fliege nach Berlin.“
Aber ich fliege nicht.
Ich sitze.
Angeschnallt.
An meinem Platz.
Ich bewege mich nicht –
ich werde bewegt.
Bewegend, wie der Flieger mich durchschüttelt.
„Ich werde transportiert,
nicht teleportiert.
Bin Nutzlast, nicht Captain Kirk.“
„Nähme ich die Bahn,
würde ich nicht reisen – ich würde gereist.
Reisen wäre: nicht Koffer selber tragen, nicht um Sitzplätze kämpfen müssen.
Ich aber werde gereist – bloß transportiert, ganz ohne Garantie.
Bei Ankunft wäre ich ein Greis – vergreist, gegreist oder noch schlimmer:
eingegreist.“
„Der Hundebesitzer sagt:
‚Der tut nix‘ – und meint es gut.
Der Chef sagt: ‚Der tut nix‘ – und meinte mich.
Beim Hund: der will nur spielen.
Beim Chef: ich koste nur sein Geld.
Und ich selbst? Aggressiv-passiv – wie immer.“
Der Schwabe fragt,
sichtbar angewidert: „Schaffsch du nix?“
„Nix schaffa“ gilt im pietistischen Süden als Todsünde.
Ich bin nicht sicher, ob sie nicht schon auf Platz zwei steht – weit vor „koi
Kehrwoch macha“.
„Schaffsch du nix?“ – „Mr
muas doch äbbes schaffa!“
Schaffst du nichts? Aber man muß doch etwas schaffen.
Schwäbischer Paternalismus in Reinkultur.
„Wär nix schaffdt, isch
an Dagdiab.
Wer nicht schafft (arbeitet), ist ein Tagedieb.
Ein Tagedieb – einer, der dem lieben Herrgott den Tag stiehlt,
weil er dessen Werk nicht fortsetzt.
Pietistisch logisch: Wer nicht arbeitet, sündigt - doppelt.
Für manche Hardcore-Pietisten ist der Tagedieb schon Ketzer –
oder gleich der Antichrist.
Und wird als solcher zu Tode verachtet.“
Das inquisitorische
„Schaffsch du nix?“ beantwortet man notfalls mit einer hieb- und stichfesten
Notlüge – dicht gestrickt, plausibel, nachfragenfrei.
Die funktionierende
Hilfslüge:
a: „Schaffsch du nix?“
b: „Doch, abr i han grad so an Dursch ghet, drum han i an Moosch drenga missa.“
Übersetzt:
a: „Schaffst du nichts?“
b: „Doch, aber ich hatte gerade so Durst, deshalb musste ich einen Most
trinken.“
(Damit ist der Fragende
fürs Erste stillgestellt – trinken ist erlaubt, Durst ist unantastbar.)
Die nicht akzeptierte
Ausrede:
a: „Schaffsch du nix?“
b: „Noi, i han’s em Greiz.“
a: „Aber do koasch doch schaffa – d’Frau Hägele hot mit ihre zwoiaachzge sechs
Wocha nach dr Hüft-OP
zwanzg Doppelsender Äpfel ufglaubd.“
Übersetzt:
a: „Schaffst du nichts?“
b: „Nein, ich habe es im Kreuz.“ (kurz: Kreuzschmerzen)
a: „Aber da kannst du doch arbeiten – die alte Frau Hägele hat mit ihren 82
Jahren sechs Wochen nach ihrer Hüft-OP zwanzig Doppelzentner Äpfel aufgelesen.“
Und das Problem bleibt:
wie antwortet man überhaupt richtig?
„Schaffsch du nix?“ – da steckt das „Nein“ schon in der Frage.
Sag ich „Nein, ich schaff nix“, bejahe ich’s.
Sag ich „Ja, ich schaff nix“, ist es noch schlimmer.
Die Logik ist so verschraubt, dass jede Antwort falsch klingt.
„Schaffsch du nix?“ – „No
i läb.“
Ob das heißt: Ich lebe – oder: nimmer lang, weiß ich selbst nicht.
Antwortet man aber nur mit „I läb“, klingt’s nach: nimmer lang.
Und man stünde schnell auf dem Scheiterhaufen.
Und was würde passieren,
würde man auf die Frage wirklich antworten mit:
„Jo, i schaff nix – i läb.“
Vielleicht wär’s die ehrlichste Antwort.
Vielleicht auch die letzte.
Die Hose rutscht nicht
mehr.
Fällt mir heute erfreut auf.
Früher hätte ich sofort geunkt, ich sei fett geworden.
Ist das dieses positive Denken, das die Psychotante von mir fordert?
Ist das schon ein Paradigmenwechsel?
Ich werde es beobachten.
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