Donnerstag, 14. Dezember 2023

Stuhlgang II

 Entlassungstag: Die liebe Auszubildende wagt es, in einem Augenblick der Ungezwungenheit zu erkunden, wann ich zuletzt das Privileg eines erfolgreichen Toilettengangs genossen habe. Ganz unverblümt gestehe ich: seit meiner OP vor 4 Tagen war da leider Funkstille. Ihre Verlegenheit steigt, als wäre sie auf der Suche nach dem verlorenen Schatz, und sie zieht sich kurz zurück.

Doch sie kehrt zurück, um mir mitzuteilen, dass meine Freiheit in weiter Ferne liegt, solange mein Darm im Standby-Modus verharrt. "Kein Entlassen ohne Beweis eines ordentlichen Stuhlgangs", verkündet sie, als ob das der Schlüssel zur Eingangstür wäre. Schade, denke ich, dass ich nicht eine kleine Schwindelei eingebaut habe, teile ich ihr augenzwinkernd mit.

Plötzlich taucht sie mit zwei Zäpfchen bewaffnet auf und fordert mich auf, beide auf einmal zu nehmen. Ein Versprechen, das ich ohne große Gegenwehr abgebe. Die Frage, ob ich schon mal Zäpfchen eingeführt habe, liegt in der Luft.

Ihre Verlegenheit steigert sich, als sie mit sanfter Dringlichkeit erklärt: "Die Zäpfchen müssen nach hinten rein, richtig tief rein – also so richtig tief." In diesem Moment verdeckt sie ihren Mittelfinger, als wäre er ein streng gehütetes Geheimnis, während sie die exakte Vorgehensweise zu verdeutlichen versucht. Nach einem weiteren "tief rein" wirkt sie erleichtert, als ich ihr mit einem "danke, ich versuche das selbst" signalisiere, dass ich die Aufgabe eigenhändig übernehmen werde.

Humpelnd begebe ich mich zur Toilette, die zwei Zäpfchen fest in meiner Hand. Die Auszubildende drückt sie mir mit einem spürbaren Gefühl der Erleichterung in die Hand und verlässt fluchtartig den Raum.

In dankbarer Erinnerung an die Auszubildende und mich selbst, die wir uns diese peinliche Situation erspart haben, verinnerliche ich das erste Zäpfchen. Doch beim Versuch, das zweite zu entpacken, wird es zum unfreiwilligen Projektil und durchquert das Bad in hohem Bogen. Mit meinen Krücken ist da an eine Verfolgung nicht zu denken. Der Notknopf wird meine Rettung.

Eine andere Krankenschwester betritt die Bühne, ich mit halb heruntergelassener Hose, und bitte sie, das entflohene Zäpfchen zu bergen und aus seiner Verpackung zu befreien. Auch sie zeigt sich hilfsbereit. Dankeschön. Durch die nur halb geschlossene Tür gibt sie mir noch einen letzten Ratschlag mit auf den Weg: "Andersrum, also mit der stumpfen Seite nach vorne, die Spitze nach hinten einführen." "Okay, man lernt nie aus. Ich hab's anders gemacht, aber mit der 2, sind die dann ja quasi Arsch an Arsch."

Nach 20 Minuten Drama zeigt sich, dass ich nicht allzu viele Fehler begangen habe.

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