Samstag, 2. Oktober 2010

nachdenklich 1.01

Wenn schon die Hofberichterstatter der Stuttgarter Zeitungen (ja es gibt zwei) und der Staatsrundfunk sich, wie soll man sagen, also wenn die sich schon nicht positiv über den gestrigen Polizeieinsatz anlässlich der S21 Demo im Schlosspark geäußert haben, dann ist da ja vermutlich etwas schief gelaufen, dann macht mich das nachdenklich.  Es stimmt, ich bin immer noch Befürworter von Stuttgart 21, habe natürlich auch meine Witze über die Demonstranten gemacht.  

Ich, der die Demo vom Donnerstag, nur aus dem Netz und den anderen Medien mitbekommen hat habe mir natürlich meine eigene durch und durch subjektive Meinung gebildet. Nachdem ich während der Arbeit nur von großen Staus um Stuttgart gehört hatte waren dann Twitter und die einschlägigen S21 Seiten die Quellen, die ich mitgelesen habe. Auf beiden Seiten wurde polemisiert, was das Zeug hält. Helden auch auf beiden Seiten, bürgerkriegsähnliche Zustände in unserem Städtle. Ich war nicht dabei, wollte auch nicht dabei sein, betrachte das Alles jetzt mit 2 Tagen Abstand. Ich hatte gehört von:

  • Zweite Person bei Stuttgart #21 wird gerade reanimiert. #s21
  • Stuttgart 21 … Staat prügelt Kinder jetzt auch nonverbal – Merkel im Rausch
  • Wenn sie abends in Clubs wollen, sind sie Erwachsene, wenn sie LKW besetzen, sind sie Kinder. #S21
  • Moin Deutschland. Ich zieh jetzt meine Polizeiuniform an, geh rüber in die Schule und verprügel ein paar Schüler. Demokratieunterricht.
  • Auch wenn es den friedliebenden Stuttgarter Bürgern über Wochen anders erzählt wurde: Sitzblockaden = Nötigung = Gewaltausübung #S21
  • Kommentar zu S21: Wie krank muss man sein, Kinder als Schutzschilder zu benutzen. Das ist der eigentliche Skandal. #s21 #fb
  • "die hessische und bayrische Bereitschaftspolizei hat einen heldenhaften Sieg über die 9. Klasse der Waldorfschule errungen." #s21
  • heute erste toter durch stuttgart 21 - eine frau starb durch polizeieinsatz im stg. park - #s21 #mappus
  • Fängt an zu Regnen. Der Himmel weint um den Schlossgarten... #S21

Nachdenklich macht mich mein Kumpel und Ministerpräsident Stefan M. der immer aussieht als könnte er die Titelseite des Lukullus, der Kundenzeitschrift des Metzgerhandwerks zieren. Dieser Stefan M. versucht sich nun endgültig bei seiner Klientel als Hardliner zu zeigen. Von Mutti’s Gnaden nur dadurch ins Amt geschwemmt, weil der Vorgänger noch peinlicher war, lässt er jetzt Muskeln spielen. Und da macht es mich nachdenklich, wie unverfroren er mit großem Betroffenheitstimbre in der Stimme Aufruft, dass die Demo,s friedlich bleiben sollen. Er als Scheffe von dem Ganzen hat doch die Vorgehensweise der Polizei abgenickt.

Nachdenklich macht mich auch mein Innenminister Heribert R. der wieder mal bewiesen hat, dass Hochdeutsch nicht alles ist, das er nicht kann. Vermutlich hätt er am liebsten wie Oberst Klein in Kunduz einen Luftschlag angeordnet, nicht auszudenken, wenn die Schüler mit dem mit Absperrgittern beladenen LKW in den Bahnhof gefahren wäre.

Nachdenklich aber auch, wenn mein Kumpel der liebe “Miles n' More”-Cem am Tag danach, davon redet, dass auf  Teilnehmer einer genehmigten Schülerdemo eingeprügelt wurde. Fakt ist, dass die Schülerdemo durch die Innenstadt gehen sollte und nicht in den Schlosspark, dass nicht genehmigt wurde, dass die Schüler sich im Schlosspark zum Sitzstreik einfinden. Nicht falsch verstehen, das rechtfertigt nicht die Gewalt gegen die Schüler, es trägt in dieser vergifteten Stimmung nur auch nicht zur Deeskalation bei. Und dann natürlich der in der Zwischenzeit zurück gezogene “M. will Blut sehen” Ausspruch. Indiskutabel. Ich hab schon lange Niemanden mehr gesehen, der seine Machtgeilheit stärker zeigt.

Langsam bekomme ich Angst, Angst, dass das Projekt zu groß für unsere Stümper ist. Dass außer einem übersteigerten Selbstbewusstsein Nichts vorhanden ist, das die Annahme rechtfertigt, dass Die so etwas umsetzen können. Langsam bekomme ich Angst, dass nach Daimler, Bosch, Fischer in Baden-Württemberg niemand mehr in der Lage war etwas wirklich Großes zu vollbringen.

Immer mehr komme ich die Überzeugung, dass es sich gar nicht um die Frage Kopf- oder Durchgangsbahnhof handelt, sondern es geht um eine tiefgreifende Politik Verdrossenheit. Es kann doch kein Zufall sein, dass eine der Hauptforderungen der S21 Gegner die nach einer Volksabstimmung ist. Die Menschen wollen nicht mehr regiert werden, sie wollen Ihre Stimme zu bestimmten Projekten abgeben, sie möchten mit entscheiden, nicht alle vier Jahre irgend welche profillose austauschbare Nasen wählen.

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